Gegen wen kämpfen wir da eigentlich?

Interview Augsburger Allgemeine (05.07.2014):

Sportpsychologe Kai Engbert erklärt, weshalb unsere Ziele und der Spaßfaktor entscheidend sind

Der „innere Schweinehund“ hat’s auch nicht leicht. Allein der Name, den landauf, landab so viele benutzen! Nicht nett. Und dann das Image: Der innere Schweinehund wird mit mangelnder Selbstdisziplin, Unvernunft, Willensschwäche und Faulheit gleichgesetzt. In einem Land, in dem die preußische Tugenden erfunden wurden, ein großes Bäh. Man mag ihn in der Regel also nicht, versucht ihn zu überwinden, zu überlisten oder gar zu bekämpfen. Dabei ist am inneren Schweinehund nicht alles schlecht, findet der Münchner Diplom-Psychologe Kai Engbert, der Sportler berät und auch Tipps im Internet gibt (www.sportpsychologie-muc.de).

Engbert definiert den inneren Schweinehund eher als „inneren Zielkonflikt“. Und der liegt irgendwie in der Natur des Menschen. Wir ticken nämlich so: Ziele, die näher liegen, einfacher zu erreichen und emotional belegt sind, ziehen wir in der Regel denen vor, die rational und weit entfernt sind und für die man viel Willenskraft aufbringen muss. Zum Beispiel: Einerseits hat man das Ziel, seine Lieblingsserie zu gucken und etwas zu knabbern, andererseits
aber auch, mehr Sport zu treiben und fünf Kilogramm abzunehmen. Da sticht der Spaß beim Glotzen meist den vernünftigen Gesundheitsgedanken. Spaß ist der ideale Motivationsfaktor.

Ich bin dafür, dass die Leute in ihrer freien Zeit vor allem das tun, was sie gern machen“, sagt Engbert. Anstatt dauernd den inneren Schweinehund zu bekämpfen, sollten sie ihre Ziele überdenken oder hinterfragen, rät der Experte. Oder einen Weg finden, wie sie einfacher zum Ziel kommen. Zum Beispiel eine Sportart, die Spaß macht und nicht bloß ein „Um zu“-Sport ist. Denn es braucht viel Willenskraft, um sein Gewicht zu reduzieren, um fitter zu werden, um einen Waschbrettbauch zu bekommen. Und außerdem: Braucht’s das überhaupt?

Die Kunst ist es, die Motive an sich als Person anzupassen“, erklärt Engbert. Dafür gibt es, sollte der Spaßfaktor nicht groß genug sein, unterschiedliche Motivationsmöglichkeiten – siehe oben. Außerdem rät Engbert: Die Ziele nicht zu hoch stecken. „Unsere Willenskraft ist nicht unbegrenzt. Wenn wir dauernd etwas machen, worauf wir keine Lust haben, dürfen wir uns nicht wundern, wenn wir keine Energie mehr haben.

Tipp vom Experten: Mehr Spaß im Leben zulassen und sich auch einfach mal gut finden – auch ruhig inklusive innerem Schweinehund. „Er schützt uns nämlich auch vor gesellschaftlichen Suggestionen und überstrapazierten Idealen. Das macht ihn sogar sympathisch“, sagt Kai Engbert. Von Lea Thies.

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